Die Aufrechte - Cover

Maxime gegen die Diktatur

Die Aufrechte von Claudius Crönert

Berlin, 1924. Felicitas von Reznicek ist die Tochter des Komponisten Emil Nikolaus von Reznicek und seiner Frau Bertha. Sie wurde 1904 in Charlottenburg geboren und starb 1997 in der Schweiz. Dazwischen liegen 93 Jahre Abenteuer. Ihre spannendste Zeit erlebte die mutige und engagierte Frau wohl während der 30-er und 40-er Jahre. Claudius Crönert lässt seine Leser in der Romanbiografie daran teilhaben. Man liest von Weitergabe wichtiger Informationen, Vertrauensbruch und Hilfsaktionen unter Einsatz des eigenen Lebens. Gleichzeitig lernen wir aber auch eine Frau kennen, die ihre Gefühle zulässt, selbst wenn der Mann ihre politische Meinung nicht teilt.

Baronin Felicitas von Reznicek war eine außergewöhnliche Frau, deren Einsatz gegen die Diktatur Hitlers nicht gewürdigt wurde. Ihr stetiger Widerstand bestand darin, den Alliierten kriegsentscheidende Nachrichten zukommen zu lassen. Diese erlangte sie zum Teil durch ihr Netzwerk als Journalistin, aber auch durch ihren Liebhaber Fritz Wiedemann. Den Adjutanten des Führers bezeichnete sie als die Liebe ihres Lebens, während er aus verschiedenen Gründen die Scheidung von seiner Frau ablehnte. Der tatkräftige Hüne war in seiner Zeit attraktiv und auch für andere Frauen anziehend. Die erbaulichen Geschichten, die Fee für die Soldaten an der Front schrieb, lassen ahnen, welche Gefühlswelt zwischen ihnen bestand. Die Romanbiografie lässt mit diesen Szenen die grausige Zeit des Nationalsozialismus von Zeit zu Zeit in den Hintergrund treten.

»Sie arbeiten gegen Ihr Land?«, fragte er.

»Keineswegs«, erwiderte sie. »Aber ich kann zwischen dem Land und der Regierung unterscheiden.«

(Auszug: Die Aufrechte)

Der Lebensweg von Rezniceks wird in den Jahren zwischen 1924 und Kriegsende dargestellt. Man erlebt die Tochter des Komponisten, wie sie dem Wandel der Zeit mit kritischem Blick gegenübersteht. Es war eine Zeit voller Extreme. Fee war sich den Auswirkungen der neuen Gesetze früh bewusst und versuchte, wo sie nur konnte, den Betroffenen zu helfen. Sie schloss sich dem bürgerlichen Widerstand an, den Rudolf Pechel organisierte. Das Ausland sollte von den Zuständen erfahren und eingreifen. Durch ihren gesellschaftlichen Status und ihrer Beziehung zu Wiedemann kam Fee an einige wichtige Informationen, die sie zum Zweck der Beendigung des Krieges einsetzte. Ihre Mutter brachte sie in die neutrale Schweiz als Menschen mit jüdischer Abstammung in Deutschland das Schlimmste zu erwarten hatte. Die Gründe für ihr Handeln sind verständlich, und mit unserem Wissen über die Zeit, auch vorausschauend.


Mit Claudius Crönert habe ich über seinen Roman um die Widerstandskämpferin gesprochen. 18 Minuten könnt ihr im Podcast mithören.

Podcast


Claudius Crönert betrachtet einen Zeitraum von rund 20 Jahren in Bezug auf Politik und gesellschaftlicher Stimmung in Deutschland. Felicitas von Reznicek stellt dabei einen zentralen Charakter dar, mit dessen Augen man die Epoche ein bisschen mehr begreifen kann. Durch sie wünscht man sich, dass es mehr Menschen gegeben hätte, die sich hätten aufrütteln lassen. Man spürt ihr Abwägen zwischen dem Wunsch, Deutschland zu verlassen und gleichzeitig dem Kampf um die Heimat. Man ahnt ebenfalls, wieso Paare mit dermaßen kontroversen Ansichten zusammengefunden haben. Es werden die schleichenden Veränderungen nach der Weltwirtschaftskrise beschrieben, ebenso das brutale Durchgreifen der SA nach der Machtübernahme 1933. Insgesamt ist es ein breitgefächerter Überblick der Lebensumstände mit einer Würdigung des Widerstands einer unerschrockenen Frau.


Weitere Meinungen zum Roman Die Aufrechte findet ihr bei

Leseprobe

Claudius Crönert - Autor, Porträit
© Martin Kunze

Claudius Crönert, geboren 1961, in Hamburg aufgewachsen, lebt als Autor in Berlin. Er schreibt Krimis und historische Romane. Informationen über sein Werk finden Sie im Internet unter http://www.claudius-croenert.de (Quelle: Gmeiner Verlag).


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  • Herausgeber: ‎Gmeiner-Verlag
  • erschienen am 13. Juli 2022
  • Gebundene Ausgabe: ‎512 Seiten
  • ISBN-13: ‎978-3839202470

Das Rezensionsexemplar wurde mir vom Gmeiner Verlag zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür. Meine Meinung hat es nicht beeinflusst.

5 Gedanken zu “Maxime gegen die Diktatur

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