Crimeday 2022 - Veranstaltung

Das Verbrechen unter uns

CRIME DAY 2022

Am Samstag, 24. September 2022, wurde es wieder kriminell in Hamburg und in den heimischen Wohnzimmern. Der CRIME DAY fand zum dritten Mal statt. In diesem Jahr war es eine Hybridveranstaltung live auf der Cap San Diego und auf den heimischen Bildschirmen. Das Team von Penguin Randomhouse und des Magazin STERN CRIME haben wieder exquisite Fälle präsentiert, Krimiautor*innen eingeladen und somit spannende Unterhaltung, haarsträubende True Crime und informative Kriminalistik vermittelt.

Das Programm begann gegen 10:30 Uhr mit der Begrüßung durch Astrid von Willmann (Penguin Randomhouse) und Guiseppe di Grazia (Stern Crime). Technische Pannen gehören zu jedem Live-Event: Die Tonübertragung von der Hauptbühne war nämlich anfangs exklusiv für vor-Ort-Besucher. In Raum 3, wo Charlotte Link und Antonia Ernst über Gerechtigkeit sprachen, war aber alles wunderbar. Das war sowieso mein erster Klick.

Was ist Gerechtigkeit?

Das erste Gespräch, moderiert von Stern Crime-Redakteurin Silke Müller, behandelte die Frage: Was ist Gerechtigkeit? Autorin Charlotte Link raubte uns sofort die Illusion mit ihrer Aussage, es gäbe keine. Es gibt immer wieder Täter, die ihrer gerechten Strafe entkommen. Aber jeder Täter habe auch ein Schicksal, der ihn zu dieser Tat motiviert habe. Das versuche sie auch immer wieder in ihren Kriminalromanen zu verdeutlichen.

Anders als die Autorin taucht die Berliner Staatsanwältin Antonia Ernst in die Fälle ein. Beim Lesen der Anklageschrift erfährt man viel vom Leben der Täter und Opfer. Sie erklärte weiterhin, wieso vor Gericht die Sachverhalte immer so kurz und knapp geschildert werden und dass bestimmte Formulierungen für die Paragrafen notwendig sind. Unwillkürlich stellte ich mir die Frage, ob ich jemals in einer solchen Situation über jemanden urteilen wollte, zumal auch Ernst feststellte, Recht sprechen und Gerechtigkeit seien unterschiedlich. Im weiteren Verlauf des Gesprächs ging es um Vergebung und wie man auf beiden Seiten mit dem Verbrechen weiterleben kann. Gerade bei den Hinterbliebenen entwickle sich Hass und Rachegedanken, die definitiv nicht gut für das eigene Wohlbefinden sind. Das empfand ich als einen ganz wichtigen Hinweis.

Spion und Spion

Als nächstes schaltete ich auf mein persönliches Highlight des Tages: Autor Titus Müller und Historiker Christopher Nehring sprachen über Spionage. Ein Spion steht immer zwischen dem Volk und den Mächtigen. Sie versuchen, deren Machenschaften aufzudecken und haben etwas Verruchtes an sich. Einblicke in die Ost-West-Spionage erhält man durch die Trilogie um Ria Nachtmann von Titus Müller.

Zeitintensiv ist auch Christopher Nehrings Arbeit, die Historie zu erforschen. Zwei Jahre recherchierte er täglich acht Stunden in Archiven. Sein Fazit: „Man kommt nie hinter alles.“ Das ist bestimmt nicht nur für die Spione enttäuschend, für Romanautoren aber auch die Möglichkeit, große Geschichten vor einem realen Hintergrund zu erzählen. Witzig waren die Anekdoten über Erlebnisse mit dem Bundesverfassungsschutz. Man konnte sich die Situationen bildhaft vorstellen.

Das Gespräch drehte sich um Hilfsmittel im Miniformat, die den Agenten die Arbeit enorm erleichtern und natürlich Dinge, die wir Normalsterbliche eher der Fiktion bei James Bond eingruppiert hätten. Nach der Einheit kam man unweigerlich ins Grübeln, wie häufig man beobachtet wird, oder wie häufig man sich durch eine strategische Kommunikation in Sicherheit wähnt.

Kriminalistischer Instinkt

Auch beim nächsten Vortrag war ich ganz Ohr. Es ging um den kriminalistischen Instinkt der Ermittler. Staatsanwältin Antonia Ernst erzählte von einem Kriminalfall, der ohne diese Gabe bestimmt nicht so schnell gelöst worden wäre. Die Einbrecher gingen überaus stümperhaft vor, konnten aber dennoch nicht sofort überführt werden. Einen Ermittler geht das ganz sicher auf die Nerven und man kann den Fall auch nicht aus dem Kopf bekommen. Manchmal helfen aber wie beiläufig dahergesagte Sätze aus dem Umfeld, um auf die richtige Spur zu kommen. Bauchgefühl und Intuition sind nicht zu unterschätzende Antriebe, um die Fälle eben nicht zu den Akten zu legen.

Wenn die Toten sprechen

Ganz klar, bei dem Titel kann es sich nur um eine Plauderei mit einem Rechtsmediziner handeln. Dr. med. Claas Buschmann schildert einen spannenden Fall aus England, bei dem zunächst zwei Unschuldige verurteilt wurden. Buschmann wurde als Sachverständiger dazu gerufen und widerlegte, dass man mit einer Stichwunde durch Luftröhre, Kehrkopf und Halsschlagader nicht mehr in der Lage ist, sich aus dem Hochparterre abzuseilen, 60 m gehen, sich hinter einem Auto verstecken, um dann noch laut zu rufen und beim Nachbarn zu klopfen. Es heißt ja immer, nichts sei unmöglich. Manche Dinge lassen sich so aber nicht bewerkstelligen. Die Rekonstruktion gibt darüber Aufschlüsse und bringt die Ermittler manchmal auf ganz andere Lösungswege.

Perfekte Morde

Gibt es den perfekten Mord? Irgendwas übersieht man doch immer und dann wird man gefasst. Es sei denn, man kombiniert das Wissen eines Rechtsgelehrten mit dem eines Chemikers, alternativ eines Reiseverkehrskaufmanns.

„Wer mit dem Handy zum Tatort geht, ist selber schuld.“

Alexander Stevens

Thorsten Schleif, praktizierender Richter und Autor des satirischen Kriminalromans „Richter morden besser“ sowie Alexander Stevens, Strafverteidiger und Autor des Bestsellers „Der perfekte Mord?“ zeigen Lücken auf, durch die ein gewiefter Mörder leicht hindurch schlüpfen kann. Wo kann man einen ungeliebten Ehepartner besser loswerden als auf einer Kreuzfahrt? Der Sturz über die Reeling bedeutet mit hoher Wahrscheinlichkeit den Tod und die Suche im tiefen Gewässer ist auch nicht einfach. Damit gewinnt man Zeit. Zusätzlich kann man sich darauf verlassen, dass die Reederei den Vorfall sicher nicht an die große Glocke hängen möchte. Die Praxis sieht aber vermutlich doch nicht ganz so einfach aus. Zumindest war es ein unterhaltsamer Beitrag und machte Lust auf die Bücher, die die beiden veröffentlicht haben.

Es wurden noch mehr Themen angeschnitten. Durch die Verteilung auf drei Bühnen, ist es nicht möglich, alle Veranstaltungen zu verfolgen. In den Situationen bedaure ich es, nicht dieses Zeitdingens von Hermine Granger zu haben. Die Erläuterungen aus der Praxis lassen den nächsten Thriller ganz anders lesen. Es ging danach noch auf Spurensuche, es wurde über Cold Cases gesprochen und sich in die Köpfe der Täter hineingedacht. Die Perspektiven der Opfer, Täter, Ermittler und Unbeteiligter wurden eingenommen, um die echte Kriminalarbeit zu beschreiben. Die Mischung aus allem machte daraus einen erlebnisreichen Tag.

Der CRIME DAY bot auch dieses Jahr wieder viel Abwechslung rund um Verbrechen. Die dritte Ausgabe ähnelte zwar den Vorgängern, war aber doch wieder etwas ganz anderes. Die Mischung aus Fiktion und Realität war wunderbar gewählt. Es wurde Ungeheuerliches logisch erklärt, sodass sich die Lösung förmlich aufdrängte und Laienwissen hinterfragt. Die Hybridlösung war genial. Auch wenn Veranstaltungen jetzt wieder möglich sind, sitzt man so doch in der ersten Reihe. Für die Festivalstimmung, die immer mal wieder am Rande des Bildschirms zu beobachten war, plane ich nächstes Mal aber wohl doch wieder einen realen Besuch ein. Empfehlenswert ist in jedem Fall beides.

Vergangene Veranstaltungen

Ein Gedanke zu “Das Verbrechen unter uns

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..