Katrin Lund und der Tote am Leuchtturm von Anette Schwohl
Katrin Lund ist Köchin in einer Kurklinik in St. Peter-Ording. Sie liebt die Idylle und fährt am liebsten mit dem Fahrrad zur Arbeit. Eines Morgens fällt ihr aber am Böhler Leuchtturm etwas Merkwürdiges auf. Da sitzt doch einer. Als sie genauer hinschaut, muss sie feststellen, dass dort ein Toter auf der Bank sitzt. Das kommt ja schon mal vor, dass es jemanden trifft, während er die Aussicht aufs Meer genießt, aber meistens ertrinkt man in dieser Position nicht. Wäre er vorher im Meer schwimmen gewesen, müsste eigentlich auch Salzwasser in seiner Lunge sein. Dirk Huber von der Kriminalpolizei Husum fällt da ebenfalls keine Erklärung ein.
Anette Schwohl lässt in ihrem Debüt den Ferienort St. Peter-Ording an der Nordsee zum mörderischen Schauplatz werden. Die Umgebung wird mit knappen Worten bildhaft beschrieben, sodass man meint, den frischen Wind zu spüren und das Möwengeschrei zu hören, wenn Katrin mit dem Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit ist. Ortskundige werden sich sofort zurechtfinden, bei anderen wird sicher die Reiselust geweckt. Auch die Charaktere wurden sorgfältig zusammengestellt, dass sie teilweise eine Einheit bilden, auf der anderen Seite aber auch einen Teil der Spannung bilden. Protagonistin Katrin überzeugt in ihren Rollen im Beruf, in der Familie und eben auch als interessierte Hobby-Ermittlerin. Kommissar Huber lässt sich wiederum gerne mit gutem Essen locken, muss aber auch auf Professionalität bei der Suche nach dem Mörder achten. Zusätzlich werden nach und nach Verdächtige ins Spiel gebracht, sodass die Handlung immer wieder mit einer Wendung überrascht.
Der Auftakt der Krimiserie ist für mich als Cosy-Fan unblutig genug, zumal die Leiche ja auch ertrunken ist. Es kommt mehr auf die Klärung des Falls an. Der Aufbau folgt dabei den klassischen Ansätzen. Die Tat ist geschehen und nun muss geklärt werden, wer der Täter war. Das Motiv ist nicht sofort zu erkennen und je mehr Befragungen gemacht werden, desto mehr Gründe wirken plausibel. Am Ende einiger Kapitel darf der Leser die Gedanken eines möglichen Täters kennenlernen und erhält dabei Hinweise, über die der Kommissar nicht verfügt. Nach 300 Seiten sind alle Hinweise in der richtigen Reihenfolge angeordnet und man erhält ein deutliches Bild. Die agierenden Figuren sind sympathisch und vermitteln die typisch nordische Charakteristik. Man muss sich auch die Nebenfiguren genau ansehen, damit die Geschichte ihr Potential entfalten kann. Durch sie kommt der feine Humor im Schreibstil erst richtig zum Tragen.
Katrin Lund ist zwar Köchin, hat aber ein Geschick darin, aus Informationen einen Tathergang zu erkennen. Als Einheimische in St. Peter-Ording werden ihr mehr Geheimnisse unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählt als einem Kommissar aus Husum. Dieser hat sein Handwerk allerdings auch gelernt und zusammen bilden sie ein unschlagbares Team, in dem es manchmal auch um raffinierte Rezepte geht. Das Rezept der Caponata ist dem Anhang zum Nachkochen zugefügt. Ich bin gespannt, wie es mit Katrin weitergeht; das muss es nämlich unbedingt.
Anette Schwohl, 1959 geboren, hat in Hamburg Kunstgeschichte, Literaturwissenschaften und in einem Aufbaustudium Kulturmanagement studiert. Nach beinahe zehn Jahren als Museumsdirektorin in Sachsen kehrte sie im Jahr 2002 nach Schleswig Holstein zurück. Sie ist freiberuflich als Kunsthistorikerin, Kulturmanagerin und Dozentin tätig. Etliche ihrer Kurzkrimis wurden in Anthologien veröffentlicht. 2019 hat sie das Erste Rendsburger Frauenkrimifestival organisiert. Seit Jahrzehnten lässt sie ihr Leben durch Hunde bereichern. (Quelle: KBV)
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- Herausgeber: KBV
- erschienen am 14. April 2022
- Taschenbuch: 312 Seiten
- ISBN-13: 978-3954416059
Das Rezensionsexemplar wurde mir vom KVB Verlag zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür. Meine Meinung hat es nicht beeinflusst.