Ein Traum vom Glück von Eva Völler
Essen, 1951. Katharina wohnt mit ihren beiden Töchtern bei ihrer Schwiegermutter Mine. Als ihre Heimat Berlin 1945 besetzt wurde, gelang den dreien die Flucht ins Ruhrgebiet. Ihr Mann Karl ist bislang noch nicht aus dem Krieg heimgekehrt. Während sich Katharina langsam an den Gedanken gewöhnt, dass er möglicherweise verschollen ist, hält Mine an der Hoffnung fest. Diese wird sogar noch größer als eines Tages ihr Enkelsohn Johannes aus der Kriegsgefangenschaft entlassen wird. Zu fünft wohnen sie nun in dem kleinen Einfamilienhaus. Katharina eröffnet eine Nähstube im Dachgeschoss und sorgt so für ein kleines Einkommen. Johannes kann bald darauf bei der Zeche anfangen. Während sich die Wirtschaft zusehends erholt, spitzt sich das häusliche Drama zu.
Eva Völler erfüllt sich mit der Ruhrpott-Saga einen langgehegten Traum. Sie berichtet über die Nachkriegszeit in Essen. In Deutschland war seit sechs Jahren der Zweite Weltkrieg beendet. Viele Familien warteten noch auf ihre heimkehrenden Angehörigen. So auch Mine und Katharina. Von Karl hatten sie lange nichts mehr gehört, sodass sich der Gedanke an seinen Tod einschlich. Die lebenshungrige Katharina steht mit im Gegensatz zur an die Tradition festhaltende Mine. Katharina lässt es nicht zu, dass ihr Leben aus Warten und unerfüllten Bedürfnissen besteht. Mine versucht das mit Strenge und Bestimmtheit zu verhindern. Die Abhängigkeit der beiden Frauen ist ebenfalls spürbar. Mine bietet das Dach über dem Kopf und durch Katharinas Tätigkeit haben alle ein Auskommen. Die Verhältnisse konnte man zu der Zeit in allen Teilen des Landes vorfinden. Der Kohleabbau im Ruhrgebiet ermöglichte den Familien bald, sich Wünsche zu erfüllen und die Zeit der Entbehrungen zu vergessen.
Ein großes Thema ist die Hoffnung. Im ersten Teil der Ruhrpott-Saga wohnen drei Generationen unter einem Dach, die allein durch ihre differenzierte Ansicht auf die Welt Konfliktpotential haben. Mine vertritt die ältere Generation, die die Auswirkungen eines Krieges bereits in den Zwanziger Jahren erlebte. Katharina hat die Gefahren des Krieges überstanden und will nun endlich ein Leben nach ihren Bedürfnissen formen. Gleichzeitig hat sie aber die Verantwortung für ihre beiden Töchter. Johannes wird nach sechs Jahren aus der Kriegsgefangenschaft in diesen in Fahrt kommenden Alltag entlassen. Der Enkelsohn von Mine hat kaum Zeit, seine erlittenen Traumata aufzuarbeiten, als er seine Arbeit auf der Zeche beginnt. Hilfreich ist dabei, dass er bereits Erfahrung einer ähnlichen Zwangsarbeit hatte. Er ist handwerklich geschickt und findet bald seinen Platz in der Familie und Gesellschaft. Die Angst vor der Obrigkeit ist allerdings nicht so schnell abzulegen. Diese Faktoren lassen die Figuren lebendig werden und man fühlt mit ihnen. Völlers Erzählweise ist dabei rasant und spiegelt einen nicht immer leichten Alltag wider. Die Handlungen der Figuren wirken in ihrer Umgebung authentisch. Vor allem die schwatzhafte Nachbarin bringt dabei immer wieder humorvolle Einlagen.
Der Auftakt der Saga versetzt den Leser in die 50-er Jahre. Er schaut zu, wie in Deutschland die letzten Trümmer weggeräumt werden und der Alltag Einzug erhält. Die Hoffnung auf etwas Neues und Besseres ist spürbar, ob es nun bedeutet, auf liebe Angehörige zu warten oder auf ein besseres Leben. Die Beweggründe sind so unterschiedlich wie die Charaktere. Der umfassende Einblick in ein Stück Deutsche Geschichte mit liebevoll angelegten Figuren ist definitiv lesenswert.
Fortgesetzt wird dieser Roman mit Ein Gefühl von Hoffnung. Das Ende verlangt übrigens unbedingt nach einem weiteren Band. Wer keine Cliffhanger mag, sollte bis Ende August warten, damit es gleich weitergehen kann.
Zum Buch gibt es auch einen stimmungsvollen Trailer.

Eva Völler hat sich schon als Kind gern Geschichten ausgedacht. Trotzdem verdiente sie zunächst als Richterin und Rechtsanwältin ihre Brötchen, bevor sie die Juristerei endgültig an den Nagel hängte. „Vom Bücherschreiben kriegt man einfach bessere Laune als von Rechtsstreitigkeiten. Und man kann jedes Mal selbst bestimmen, wie es am Ende ausgeht.“ Die Autorin lebt mit ihren Kindern am Rande der Rhön in Hessen. (Quelle: Bastei Lübbe Verlag)
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- Broschiert: 464 Seiten
- Verlag: Lübbe
- erschienen am 27. März 2020
- ISBN-13: 978-3785726709
Das muss ich lesen. Ich komme ja aus Essen. Danke für den Lesetipp 💚
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An dich und deine Bilder von der Zeche musste ich immer denken.
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In welchem Stadtteil spielt es denn? Oder wird das nicht erwähnt?
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Da fragst du was. Ich kenne nur Essen-Kettwig und das war es nicht. Falls sie den Stadtteil erwähnt haben, habe ich ihn mir nicht gemerkt.
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😂 Hab ich mir fast gedacht. Vielleicht wird der nur umschrieben.
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Bei mir subt es schon. Jetzt freue ich mich noch mehr drauf. Kann man irgendwo Lesezeit kaufen!
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Das sollte stets im Angebot mit dem Buch sein. Ich habe davon auch immer zu wenig. *soifz*
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Au ja, das wäre etwas für mich…. bin gespannt.
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Dann mal viel Spaß dabei. Ich fange die Tage mit Band 2 an. In „Ein Gefühl von Hoffnung“ geht es 1959 weiter.
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Dann wünsche ich ganz viel tolle Eingebungen dazu! 🙂
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