Und mit Polly kam das Glück von Eva Woods
Annie hat es im Leben gerade schwer getroffen. Ihre Mutter leidet unter schwerer Demenz und erkennt sie kaum noch. Ihr Job ist alles andere als vergnüglich und zu gerne würde sie etwas anderes machen. Ihr geschiedener Ehemann wird Vater, ihre beste Freundin Mutter. Es ist kein Wunder, dass die junge Frau unglücklich durchs Leben läuft. Nach einem Besuch ihrer Mutter im Krankenhaus lernt Annie Polly kennen. Polly ist bunt und ansteckend fröhlich. Wo sie auftaucht, hört man Gelächter und die Leute scheinen sich mit ihr wohl zu fühlen. Doch Polly ist leider keine Besucherin im Krankenhaus, sondern eine Tumorpatientin. Sie weiß, dass sie nicht mehr lange zu leben hat und will in dieser verbleibenden Zeit Annie zu einem zufriedeneren Dasein verhelfen. 100 Tage beginnen, in denen Annie täglich etwas vollkommen Neues ausprobieren soll, das ihr die Sichtweise auf etwas Schönes eröffnet.
Der Titel suggeriert einen leichten Roman, der möglicherweise die Stimmung hebt. Schon nach wenigen Kapiteln wird allerdings deutlich, dass dies keineswegs so ist. Annie hat das Trauma, das zum Ende ihrer Ehe führte, keineswegs überwunden und nun schon wieder neue schwerwiegende Probleme. Polly ist ebenfalls von der Krankheit gezeichnet, aber hat ihren Optimismus nicht verloren. Die letzten einhundert Tage in ihrem Leben versucht sie, Annie so viel Lebensglück zu vermitteln, wie es eben geht. Es beginnt mit leichten Übungen, wie jemanden anlächeln oder das Zimmer aufzuräumen. Polly öffnet Annie auch wieder den Blick auf die schönen Künste, an denen man sich erfreuen kann. Nach und nach bringt sie der resignierten Freundin bei, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Beim Lesen bekommt man auch selbst neue Ideen, was man alles machen könnte. Es muss ja nicht gerade das Herumspringen in einem Stadtbrunnen sein.
Leben mit Richtungswechsel
Je mehr Kapitel gelesen sind, desto mehr rückt Pollys Krankheit in den Hintergrund. Natürlich ändert man sich nicht von einem Tag auf den anderen, aber Polly ist penetrant genug, um Annie immer wieder in die von ihr gewünschte Richtung zurückzuholen. Annie findet den Mut, den ungeliebten Job zu kündigen und freundet sich sogar mit ihrem Mitbewohner an. Plötzlich sind die 100 Tage um und man wird sich bewusst, wie diese Challenge begann. Der traurige Anlass gibt aber gleichzeitig Mut, sich von Dingen zu befreien, die man nicht in seinem Leben haben will. Polly ist zweifellos egomanisch und unangepasst. Genau diese Eigenschaften fehlen Annie, um die erdrückende Schwere ihres Alltags zu bewältigen.
„Wenn du den Regenbogen willst, musst du den Regen lieben.“
Eva Woods stellt in ihrem Roman eine Handvoll Figuren zusammen, die wie aus dem Leben gegriffen agieren. Der Arzt hat ebenso ein Privatleben wie alle anderen und kann auch hier nicht alles wieder heilen. Der Mitbewohner hat Eigenschaften, die nicht immer von ganz nah betrachtet werden müssen. Polly mag zwar allen ihre Sichtweise aufschwatzen wollen, kaschiert damit aber eben auch ihre hoffnungslose Lage. Annie benötigt an diesem Punkt in ihrem Leben genau diesen Menschen, der ihr das Schöne des Alltags zeigt. Dieser Roman erzählt gefühlvoll, wie man mit Trauer um verschiedene Ereignisse umgehen kann, regt an, Kleinigkeiten zu ändern und unterhält mit einer chaotischen Hauptfigur. Auch wenn ich anhand des Titels und Klappentext ein anderes Buch erwartet habe, empfehle ich es gerne weiter.

Eva Woods wuchs in Nordirland auf, verließ ihre Heimat nach der Schule jedoch und ging zum Studieren nach Oxford. Nach ihrem Abschluss lebte sie einige Zeit in Frankreich und China, kehrte dann aber nach London zurück, wo sie nun schreibt und Creative Writing unterrichtet. Sie liebt Wein, Popmusik und Urlaub, und sie ist sich sicher, dass Onlinedating das schlechteste Spiel ist, das je erfunden wurde. (Quelle: Randomhouse)
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- Taschenbuch: 480 Seiten
- Verlag: Blanvalet Taschenbuch Verlag
- erstmals im TB (16. September 2019)
- ISBN-13: 978-3734105647
- Originaltitel: How to be Happy
Das Rezensionsexemplar wurde mir vom Blanvalet Verlag zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür. Meine Meinung hat es nicht beeinflusst.