Madame Bertin steht früh auf von Julie Masson
Im Bäckerhandwerk beginnt der Tag schon in den frühen Morgenstunden. Seit Louise Bertin Le Grand Prix de la Baguette de tradition française de la Ville de Paris verliehen bekam, versorgt sie allmorgendlich den Präsidenten im Elysée-Palast mit ihrem köstlichen Stangenweißbrot. Wer aber so früh schon auf den Beinen ist, kann auch mal im Haus gegenüber eine blutverschmierte Hand am Fenster abrutschen sehen. Die sofort herbeigerufene Polizei findet allerdings weder Leiche noch Blutspuren. Zum Glück ist Louises guter Freund Olivier Apotheker und stellt ihr etwas Luminol zur Verfügung. Damit weist sie zumindest nach, dass es Blutspuren gab. Die Polizei mit Lieutenant Jean-Luc Balterre ist aber immer noch nicht davon begeistert, dass sich Madame so in den Fall einmischt. Als ihr Neffe Augustin nach dem Verlassen einer Bar verfolgt und angegriffen wird, wird sie plötzlich zur hilfreichen Zeugin.
Julie Masson, die bereits Commissaire Lucien Lefevre einige Fälle bearbeiten ließ, stellt in dieser neuen Serie eine gewitzte und mit typischen Charaktereigenschaften bestückte Parisienne vor. Die verwitwete Bäckerin interessiert sich für Mode und Kultur und ist auch bei einem Flirt nicht abgeneigt. Der gutaussehende Apotheker nutzt diese Eigenschaft stets zu seinem Vorteil. Mit ihm kommt auch das nötige Fachwissen über Medizin an die ansonsten unbedarfte Ermittlerin. Madame Bertin hat im übrigen recht einflussreiche Freunde in ihrem Umfeld, die ihr bestimmt noch einige Wege ebnen können. Die Nebenfiguren sind bereits in diesem Auftakt für die Krimiserie gut aufgestellt, um weitere vertrackte Verbrechen zu klären.
Der Cosy-Crime hat einen klassischen Aufbau. Der Mord ist passiert und nun werden Schritt für Schritt die Informationen zusammengetragen, wer wohl die Tat begangen hat. Je mehr man als Leser über den Tathergang spekulieren kann, desto mehr Verdächtige erscheinen auf der Bildfläche. Die Spur führt quer durch die Nachbarschaft bis hin zum Präsidentenpalast. Welches Motiv allerdings hinter all den vertuschten Geheimnissen steckt, offenbart sich erst spät. Mich hat die Neugier immer weiter lesen lassen. An manchen Stellen möchte man die ältere Dame zwar zurückhalten und bitten, doch jetzt endlich die Polizei zu informieren, aber dann würde es sich nur noch halb so angenehm lesen.
Um Madame Bertin quer durch Paris zu folgen, sollte man schon etwas frankophil sein. Die Autorin spielt mit den liebenswerten Klischees, wie wir uns die Franzosen vorstellen. Zusätzlich rankt sie um die fiktiven Figuren spannende Intrigen. Trotz Blutspuren ist der Krimi unblutig und für nicht so hartgesottene Krimileser empfehlenswert. Wer Paris im Mai erleben möchte, sollte unbedingt zugreifen.

© Alexander Heinrichs
Julie Masson, geboren 1975 in einem kleinen Dorf am französischen Atlantik, studierte Germanistik und Literatur an der Sorbonne in Paris. Während eines Auslandssemesters an der Freien Universität Berlin verliebte sie sich nicht nur in die deutsche Sprache – und blieb. Nach dem Studium verfasste sie diverse Sachbücher, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Heute lebt die Autorin mit ihrer Familie in der Nähe von Frankfurt. (Quelle: Rowohlt-Verlag)
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