Christinas Welt

Die Farben des Himmels von Christina Baker Kline

Christina Ohlsen lebt mit ihren Eltern und ihrem älteren Bruder Al auf einer Farm in Maine. Als sie den jungen Maler Andy kennenlernt ist sie in den Zwanzigern und leidet fast schon ihr ganzes Leben an einer seltenen sensomotorischen Krankheit, die ihre Füße verformt. Die junge Frau ist ständig in Gefahr, hinzufallen. Dementsprechend beeinträchtigt ist sie in ihrem Alltag, der mit allerlei Arbeiten auf der Farm angefüllt ist. Die weitläufige Landschaft bietet ihr kaum Abwechslung. Mit den Jahren empfindet sie ihr Zuhause immer mehr als Gefängnis, das nur durch die Besuche ihrer Freundin Betsy und deren Verlobten Andy und einem Freund ihres Bruders Walton unterbrochen wird. Christina und Walton verlieben sich ineinander und planen ihre Hochzeit, bis seine Eltern sich gegen das behinderte Mädchen aussprechen. Christinas Welt schrumpft sofort wieder auf die Fläche der Farm, die erneut ihre Zuflucht bedeutet und gleichzeitig der Hintergrund für das bedeutende Gemälde ist.

Christina Baker Kline, die bereits mit Der Zug der Waisen großen Erfolg hatte, nimmt das 1948 entstandene Gemälde Christinas Welt des US-amerikanischen Malers Andrew Wyeth zur Grundlage ihres aktuellen Romans. Das Bild zeigt ein auf dem Gras sitzendes Mädchen, das in der Ferne ein Haus betrachtet. Trotz der Weite kann man die Landschaft als Gefängnis wahrnehmen. Was eigentlich ein Widerspruch ist, verdeutlicht die Autorin in der Beschreibung ihrer Protagonistin. Christina ist zwar in ihren Bewegungen eingeschränkt, nicht aber im Denken. Die als Memoiren verfassten Gefühle wecken für Christina Empathie. Man fühlt ihre Einsamkeit ebenso wie ihre Begeisterung für die Gedichte von Emily Dickinson. Sie hat Wünsche und Hoffnungen, erkennt allerdings auch ihre Grenzen. Gleichzeitig prangert das Bild auch das schwere Leben auf den Farmen an, deren Bearbeitung schon lange in keinem Verhältnis zum Verdienst stehen. Auch die Olson-Farm ist davon betroffen, als die Entscheidung zum Verkauf zugunsten des Zuhauses fiel. Der Unterschied wird durch das Einflechten zu Waltons Familie deutlich, die in der Großstadt Boston zu Reichtum gekommen sind.

Trotz des realen Gemäldes ist Christinas Lebenslauf weitgehend fiktiv. Baker Kline verwebt die Darstellung geschickt mit einer typisch amerikanischen Siedlerfamilie, die den Wandel der Zeit schmerzhaft spürt und deren traditionelle Bindung an ihre Heimat ihr Fortkommen lähmt. Ähnlich dem Bild selbst, setzt die Autorin sprachlich dezente Farben ein, um einen explosiven Ausdruck zu erwirken. Es ist ein unaufgeregter Schreibstil, der starke Eindrücke vermittelt und lange nachhallt. Gerade, weil die Geschichte so aus dem Alltag geschildert wurde, animiert sie, sich weiter mit dem abgeschiedenen Leben in den 30er und 40er Jahren zu beschäftigen. Ich hoffe, dass dieser Roman wie schon seine Grundlage zu einem der ganz großen zählen wird.

Leseprobe


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© Karin Diana, c/o William Morrow

 

 

Christina Baker Kline wuchs in England und in den Vereinigten Staaten auf. Sie hat Literatur und Kreatives Schreiben unterrichtet und sich als Buchautorin und Herausgeberin von Anthologien einen Namen gemacht. Ihr Roman „Der Zug der Waisen“ war in den USA ein großer Erfolg und hielt sich monatelang an der Spitze der New-York-Times-Bestsellerliste. Mit ihrem Mann und ihren drei Söhnen lebt die Autorin in Montclair, New Jersey. (Quelle: Random House)

 


 

 

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Das Rezensionsexemplar wurde mir vom Goldmann Verlag zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür. Meine Meinung wurde dadurch nicht beeinflusst.

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